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Bei der Frage, wer bauordnungsrechtliche Vorgaben in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu erfüllen hat, differenziert der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil 09.12.2016 (Az. V ZR 84/16) klar danach, ob es sich um öffentlich-rechtliche Anforderungen an das Gemeinschaftseigentum handelt oder ob sie das Sondereigentum betreffen.

Im konkreten Fall hatte ein Wohnungseigentümer eine Baugenehmigung für eine bislang nicht bewohnbare und bauordnungsrechtlich nicht genehmigte Einheit, die in der Teilungserklärung aber als „Wohnung“ bezeichnet wurde, beantragt. Die Stadt forderte u.a. einen Standsicherheits- und Brandschutznachweis, einen Dispens hinsichtlich der Feuerwiderstandsklassen von Decken und Treppen und außerdem einen Nachweis über einen Pkw-Stellplatz.  Die WEG fasste daraufhin den Beschluss, dass auf Kosten der Gemeinschaft die Kosten ermittelt werden sollen, die erforderlich sind, um den bauordnungsrechtlichen Zustand herbeizuführen. Für den Stellplatz sollte ein Ablöseantrag gestellt werden und den Ablösebeitrag sollten die Miteigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile tragen.

Nach Ansicht des Landgerichts Aurich widersprachen diese Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung. Die betroffene Einheit sei gar kein Wohnungs-, sondern Teileigentum. Eine Nutzung zu Wohnzwecken könne nur in Verbindung mit einer der anderen Einheiten erfolgen und daher seien die erstrebten umfangreichen Änderungen des Gemeinschaftseigentums gar nicht erforderlich. Die Ermittlung der erforderlichen Kosten dürfe nicht auf Kosten der Gemeinschaft erfolgen. Die Zahlung des Ablösebetrags für den fehlenden Stellplatz sei ebenfalls nicht Sache der Gemeinschaft.

Dem trat der BGH nachdrücklich entgegen und traf einige grundlegende Aussagen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen. Soweit die Kosten für die Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Gemeinschaftseigentum ermittelt werden sollen, haben die Wohnungseigentümer die Kosten hierfür nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Bei der betroffene Einheit handele es sich um Wohnungseigentum und nicht, wie das Landgericht angenommen hatte, um Teileigentum. Daher müsse das gemeinschaftliche Eigentum die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an eine Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken erfüllen, insbesondere auch die brandschutzrechtlichen Vorgaben für die einschlägige Gebäudeklasse. Zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung gehören sowohl die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums als auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum, so dass der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Dagegen erklärte der BGH den Beschluss gem. § 139 BGB teilweise für nichtig, soweit er sich auf das Sondereigentum beziehe. Es sei Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige das Sondereigentum betreffende bauordnungsrechtliche Vorgaben auf eigene Kosten zu erfüllen. Für solche Maßnahmen am Sondereigentum wie beispielsweise den notwendigen Einbau einer Toilette bestehe generell keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, auch wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften die Maßnahmen erfordern.  Die Ablösebeiträge für Stellplätze stufte der BGH wiederum als Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums ein, so dass eine Kostenregelung nach Miteigentumsanteilen nicht  beanstandet wurde. Hierbei ginge es um die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums und es sei Aufgabe aller Wohnungseigentümer, die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen.

Praxishinweis:
Wenn es um die Durchführung von Maßnahmen aufgrund öffentlich-rechtlicher Anforderung innerhalb einer WEG geht, ist bei der Beschlussfassung genau darauf zu achten, dass eine Beschränkung auf Kosten für Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum zu erkennen ist. Soweit ein solcher Beschluss auch Sondereigentum betrifft, wäre er mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zumindest teilnichtig. Bei der Kostenverteilung für Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum sollte auch immer an die Möglichkeit gedacht werden, die der Gesetzgeber in § 16 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz vorgesehen hat: Kosten der Instandhaltung oder Instandsetzung können im Einzelfall durch Beschluss auch abweichend geregelt werden, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs Rechnung trägt.

 

Ansprechpartnerin:

Dr. Sabine WarnebierDr. Sabine Warnebier LL.M. (VuW)
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Telefon: 0221-9730021- 39
E-Mail: s.warnebier[at]lenz-johlen.de

 

 

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