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Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz haben am 12. Oktober 2022 die Ergebnisse des „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ vorgestellt. Bei dem Bündnis handelt es sich um einen Zusammenschluss von Vertretern des Bundes und der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Wohnungs- und Bauwirtschaft, der Gewerkschaften, der Kirchen und weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen. Seit seiner konstituierenden Sitzung am 27. April dieses Jahres war es damit befasst, Maßnahmen zu identifizieren, die es ermöglichen, dem in der Bundesregierung vereinbarten Ziel näher zu kommen, jährlich 400.000 Wohnungen zu errichten, davon 100.000 öffentlich gefördert.

Über insgesamt 187 Maßnahmen, die teilweise als konkrete Handlungsaufträge formuliert sind, sollen im Wohnungsbau bestehende Hürden abbauen. Sie dienen einem klimagerechten und ressourcenschonenden Wohnungsbau, der Begrenzung von Baukosten, einer nachhaltigen Bodenpolitik und Baulandmobilisierung, der Beschleunigung von Planungs-, Genehmigungs- und Realisierungszeiträumen sowie der öffentlichen Förderung und investiven Impulsen. Ziel ist die Gewährleistung einer ausreichenden Verfügbarkeit bedarfsgerechter, gut zugänglicher und bezahlbarer, ökologisch verträglicher und klimafreundlicher sowie zugleich baukulturell anspruchsvoller Wohnungen.

Das Paket sieht u.a. die Weiterentwicklung der Neubaustandards durch die Bundesregierung hin zur Angleichung an EH40 im Zusammenhang mit der Umstellung der Anforderungssystematik auf einen Ansatz vor, der Treibhausgasemissionen sowie die Energie- und Ressourceneffizienz betrachtet und – so weit wie möglich – lebenszyklusorientiert ist. Bereits zum 1. Januar des kommenden Jahres soll eine eigenständige Neubauförderung, finanziert aus dem Klima- und Transformationsfonds, etabliert werden, um Anreize für Investitionen in den bezahlbaren Wohnraum, verbunden mit übergesetzlichen baulichen Standards im Hinblick auf den Lebenszyklus der Gebäude, zu setzen. Ferner soll in der laufenden Legislaturperiode ein digitaler Gebäuderessourcenpasses für Neubauten bei vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand entwickelt werden, um u. a. die verwendeten Bauprodukte des Gebäudes transparent zu dokumentieren sowie beim Abbruch deren Wiederverwendung planen und ‚urban mining‘ voranbringen zu können.

Zur Begrenzung von Baukosten sollen unter Berücksichtigung der Anforderungen des Klima- und Umweltschutzes und der Bezahlbarkeit des Wohnens u.a. das bauliche Anforderungsniveau überprüft und Mindeststandards statt (überhöhter) marktüblicher Standards (u. a. in der Technischen Gebäudeausrüstung) formuliert werden. Im Bauordnungsrecht sollen Regelungen entwickelt werden, mit denen beim Wohnungsbau der Bestandserhalt und die Wiederverwendung von Bauteilen/Baustoffen gestärkt wird. Neu- und Umbauten sowie die Aufstockung von Wohngebäuden sollen durch eine Fortentwicklung der Regelungen zu Kfz-Stellplatzanforderungen erleichtert werden. Die Anforderungen an die Barrierefreiheit sollen sich, soweit dies nicht bereits der Fall ist, an dem Bedarf orientieren. Serielles und modulares Bauen soll gefördert werden. Technische Normen, auf die in bauordnungsrechtlichen Bestimmungen Bezug genommen wird, sollen von den Ländern im Laufe des kommenden Jahres in dem nach dem DIN-Länder-Vertrag gesetzten Rahmen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Im Interesse einer nachhaltigen Bodenpolitik und der Baulandmobilisierung soll das kommunale Liegenschaftsmanagement gestärkt und Instrumente der Bodenbevorratung überprüft werden. Zur Behebung einer möglichen Benachteiligung des Erbbaurechts gegenüber dem Vollerwerb sollen weitergehende Vorschläge erarbeitet werden, um eine verstärkte Nutzung des Erbbaurechts möglich zu machen. Bereits etablierte Instrumente, wie die Baulandumlegung, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (SEM) und Innenentwicklungsmaßnahmen, sollen auf etwaige rechtliche Anpassungsbedarfe überprüft werden, um zusätzliches Bauland zu mobilisieren. Um den geänderten Lebensverhältnissen in den Städten und Gemeinden gerecht zu werden und um geeignete Bauflächen für den Wohnungsbau und Mischnutzungen aktivieren zu können, soll die Baunutzungsverordnung (BauNVO) flexibilisiert und fortentwickelt werden. U.a. durch die Einführung einer Experimentierklausel in der TA Lärm sollen die Immissionsschutzanforderungen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum angepasst werden.

Im Interesse der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahrens, die einhergehend mit einer flächendeckenden Implementierung von XPlanung und XBau zukünftig zumindest auch digital geführt werden sollen, sollen Zulassungs-, Bau- und Planungsbehörden bedarfsgerecht mit (zusätzlichem) Personal ausgestattet werden. Materiell-rechtlich wird über eine mögliche Ausweitung des Instruments des sektoralen Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2d BauGB auch für bereits beplante Gebiete nachgedacht. Die zeitliche Befristung der Verordnungsermächtigung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt in § 201a BauGB soll aufgegeben werden. Eine mögliche Fortentwicklung der rechtlichen Vorgaben für den Umgang mit Formfehlern und deren Heilungsmöglichkeiten im Bauplanungsrecht (§§ 214, 215 BauGB) soll dazu beitragen, unnötige Verzögerungen von Planungen durch fehlerhaftes Handeln zu vermeiden. Prozessual steht die Einführung eines frühen verpflichtenden Erörterungstermins in Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne zu Wohnungsbauvorhaben im Raum. An die Vorhabenzulassung anschließende Realisierungszeiträume sollen über Vereinfachungen im Vergaberecht verkürzt werden.

Wirtschaftliche Anreize sollen durch eine Aufstockung der Mittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau auf 14,5 Mrd. Euro, die verbilligte Abgabe von öffentlichen Liegenschaften für Investitionen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung sowie steuerliche Vergünstigungen gesetzt werden.

In seiner Umsetzung wird das äußerst ambitionierte Paket, angefangen bei den Regelungen des Baugesetzbuchs, der Baunutzungsverordnung und den Bauordnungen der Länder, über immissionsschutzrechtliche Regelungen, wie die TA Lärm, bis hin zu steuer- und vergaberechtlichen Regelungen, Einfluss auf nahezu sämtliche Normbereiche haben, die bei der Umsetzung von Wohnungsbauvorhaben berührt sind.

Den Maßnahmenkatalog des „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ finden Sie hier.

Ihr Ansprechpartner:

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Nick Kockler
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Telefon: 0221-973002-81
E-Mail: n.kockler[at]lenz-johlen.de

 

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