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Mit Urteil vom 09.11.2016 – 9 B 15.2732 – hat der Verwaltungsgerichtshof München klargestellt, dass die Gemeinden nach der „Soll-Vorschrift“ des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG grundsätzlich verpflichtet sind, für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Straßenausbaubeiträge von den Eigentümern und Erbbauberechtigten der bevorteilten Grundstücke zu erheben und insbesondere eine entsprechende Beitragssatzung zu erlassen.

Mit Blick auf die Reduzierung ihres gemeindlichen Schuldenstandes und die Erhöhung ihrer gemeindlichen Rücklagen hatte die klagende Gemeinde die Notwendigkeit einer Straßenausbaubeitragssatzung verneint und eine Satzung zur Aufhebung ihrer Straßenausbaubeitragssatzung erlassen. Diese Aufhebung wurde rechtsaufsichtlich durch das zuständige Landratsamt beanstandet. Die klagende Gemeinde begehrte die Aufhebung der rechtsaufsichtlichen Maßnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof München hat nun klargestellt, dass die Gemeinden grundsätzlich zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verpflichtet sind und, nur wenn besondere – atypische – Umstände vorliegen, davon absehen dürfen. Für Erschließungsbeiträge gilt bundesrechtlich eine Beitragserhebungspflicht nach den §§ 127 ff. BauGB. Bei Ausbau- und Anschlussbeiträgen richtet sich die Frage einer Beitragserhebungspflicht nach dem jeweiligen Landesrecht. Nach dem in Bayern geltenden Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5 a KAG zu erheben sind. Der Verwaltungsgerichtshof München hat ausgeführt, dass der Begriff „sollen“ nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich verbindlichen Charakter habe, es sei denn, es liege ein atypischer Ausnahmefall vor. Den Gemeinden sei insoweit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ihre Einschätzung unterliege vielmehr der Nachprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden und die Gerichte. Atypische Umstände, aufgrund derer ausnahmsweise vom Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung abgesehen werden könne, liegen grundsätzlich nicht vor, wenn eine Gemeinde – in nicht unerheblichem Umfang – Kredite aufnehme oder Steuern einnehme.

Praxishinweis:

Die Beitragserhebungspflicht bei Ausbau- und Anschlussbeiträgen richtet sich nach den jeweiligen Landesgesetzen. Auch das OVG Münster hat beispielsweise mit Beschluss vom 20.01.2015 – 15 A 2382/13 – klargestellt, dass die Gemeinden regelmäßig eine Beitragserhebungspflicht nach § 8 Abs. 1 KAG NRW trifft. Wann ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, der es einer Gemeinde ermöglicht, von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abzusehen, lässt sich nur aufgrund einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls beurteilen.

Ansprechpartner:

Bela GehrkenBéla Gehrken
Rechtsanwalt

Telefon: 0221-973002-13
E-Mail: b.gehrken[at]lenz-johlen.de

 

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