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Das BVerwG hat sich mit Urteil vom 27.03.2013 in dem Revisionsverfahren 4 CN 7.11 in grundlegenden Fragen noch einmal mit der Einzelhandelssteuerung durch Bauleitplanung beschäftigt.

Dem Verfahren lag ein Normenkontrollurteil des 10. Senats des OVG NRW vom 12.04.2011 (10 D 112/08.NE) zugrunde. Das BVerwG hat die Sache zur erneuten Verhandlung an das OVG NRW zurückverwiesen. Das Urteil enthält wichtige Ausführungen zu den Voraussetzungen eines nach Sortimenten gegliederten Einzelhandelausschlusses. Das OVG NRW hatte den streitgegenständlichen Bebauungsplan der Stadt Bochum wegen fehlender städtebaulicher Erforderlichkeit des dort festgesetzten Einzelhandelsausschlusses für unwirksam erkannt. Zur Begründung führte das OVG NRW im Kern an, die Plangeberin weiche begründungslos von den Vorgaben ihres eigenen Einzelhandels- und Zentrenkonzepts ab und könne sich somit nicht mehr auf die rechtfertigende Wirkung dieses Konzepts berufen.

Zunächst grenzt das BVerwG in dem vorliegenden Revisionsurteil noch einmal grundsätzlich das Erfordernis der städtebaulichen Rechtfertigung i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB von den Voraussetzungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB ab. In der Folge führt das BVerwG aus, die von den Vorgaben eines gemeindlichen Einzelhandels- und Zentrenkonzepts abweichende Plangeberin sei nicht daran gehindert, sich weiterhin der rechtfertigenden Wirkung dieses Konzepts zu bedienen. Voraussetzung sei insofern, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen Beitrag zur Förderung des Plankonzepts zu leisten. Erst wenn die Gefahr bestehe, dass die Umsetzung der Festsetzungen das Planungskonzept konterkariere, erfülle die Planung die Anforderungen des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB nicht mehr. Sodann führt das BVerwG noch einmal differenziert zu den Anforderungen der Festsetzung eines Einzelhandelsausschlusses zur Stärkung und/oder zum Schutz der Zentren aus. Interessant ist zunächst, dass das BVerwG auch bei dem Ziel des Zentrenschutzes die Ermittlung der konkret für dieses Zentrum relevanten Sortimente auf der Ebene des Einzelhandelskonzepts genügen lässt und keine weiteren Untersuchungen auf der Ebene des Bebauungsplans fordert. Hier war das Gericht mit seinem Urteil vom 26.03.2009 (4 C 21.07) durchaus noch anders zu verstehen. In diesem Kontext wird durch das BVerwG auch die ständige Rechtsprechung des 10. Senats des OVG NRW verworfen, nach der die Festsetzung eines Einzelhandelsausschlusses mit dem Ziel des Zentrenschutzes Angaben dazu erfordert, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art, würde er im Plangebiet angesiedelt, die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den geschützten Zentren unabhängig von Art und Umfang des jeweiligen Warenangebots schädigen würde. Diese Anforderungen seien "systemfremd". Denn auch bei dem Ziel des Zentrenschutzes gehe es nicht um punktuelle Abwehr konkreter Gefahren, sondern um langfristig angelegte planerische Lenkung. Schließlich geht das BVerwG auch auf die Frage ein, ob die fehlende Begrenzung zentrenrelevanter Randsortimente die grundsätzliche Geeignetheit des festgesetzten Ausschlusses zentrenrelevanter Hauptsortimente zur Förderung des Ziels der Stärkung und des Schutzes der Zentren entfallen lässt. Hier gibt das BVerwG dem OVG NRW für die erneute Verhandlung vor, dass dies anhand eines realitätsnahen Maßstabs zu beurteilen sei. Daher müsse das OVG NRW bedenken, mit welcher Wahrscheinlichkeit und mit welchem Umfang sich entsprechende Betriebe in dem Plangebiet ansiedeln werden.

Fazit:

Das Urteil des BVerwG enthält wichtige Ausführungen zu den Anforderungen an die städtebauliche Rechtfertigung von Einzelhandelsausschlüssen. Insbesondere - so war das BVerwG auch in der mündlichen Verhandlung zu verstehen - sind viele Anforderungen, die der 10. Senat des OVG NRW unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB abgehandelt hat, nach Auffassung des 4. Senats des BVerwG eigentlich unter dem Gesichtspunkt der gerechten Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu prüfen. Daher kommt einer rechtzeitigen Rüge der Abwägungsmängel i.S.v. § 215 Abs. 1 BauGB in Zukunft noch einmal eine erhöhte Bedeutung zu.

Gerrit Krupp
Rechtsanwalt

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