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Der Umgang mit Drehfunkfeuern zur Luftfahrtnavigation (sog. VOR) im Zusammenhang mit der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) stellt die Planungs- und Genehmigungspraxis weiterhin vor schwierige Fragen; immerhin kommt Bewegung in die fachliche und rechtliche Diskussion.

Bei VOR handelt es sich um Flugsicherungseinrichtungen im Sinne des § 18 a LuftVG. Die Vorschrift begründet ein materielles Bauverbot für Bauwerke, durch die Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Die abschließende Klärung eines Bauverbots nach § 18 a Luft VG erfolgt allerdings nicht in der Bauleitplanung, also nicht bei Ausweisung von Konzentrationszonen für WEG auf Ebene des Flächennutzungsplans, sondern im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von WEA. Die Frage einer möglichen Störung des Luftverkehrs im Sinne von § 18 a Abs. 1 LuftVG gehört somit zum Prüfprogramm der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde.

Verfahrensmäßig läuft die Prüfung so ab, dass im immissionsschutz-rechtlichen Genehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von WEA die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF) eingeholt wird, wobei sich das BAF auf eine gutachterliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) stützt (§ 18 a Abs. 1 S. 2 LuftVG). Die Entscheidung des BAF nach § 18 a Abs. 1 S. 2 LuftVG stellt dabei keinen selbständigen Verwaltungsakt dar, der in Bestandskraft erwachsen könnte und selbstständig anfechtbar wäre. Vielmehr handelt es sich um einen unselbstständigen Mitwirkungsakt im gestuften immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, gegen den Rechtsbehelfe nur gleichzeitig mit der Sachentscheidung, also der Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, geltend gemacht werden können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014 – 11 K 3648/12).

Umstritten ist die Frage, ob die Entscheidung des BAF für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde bindend ist. Nach Auffassung des VG Oldenburg ist dies nicht der Fall, vielmehr liege die Letztentscheidungsbefugnis bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde, die sich über eine negative Entscheidung des BAF hinwegsetzen könne (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 05.02.2014,  – 5 B 6430/13). Die materiell-rechtliche Prüfung eines Bauverbots nach § 18 a Abs. 1 S. 1 LuftVG erfolgt zweistufig: Eine Störung im Sinne des § 18 a Abs. 1 S. 1 LuftVG setzt erstens voraus, dass die WEA die Funktion der Flugsicherungseinrichtung nachteilig beeinflussen wird. Da aber nicht jede nachteilige Beeinflussung eine praktisch relevante Minderung ihrer Funktionsfähigkeit darstellt, ist zweitens erforderlich, dass die Beeinflussung die Funktion der Funknavigationsanlage für den ihr zugewiesenen Zweck in nicht hinzunehmender Weise beeinträchtigt. Für die Frage der Hinnehmbarkeit einer nachteiligen Beeinflussung kann mangels gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungen auf die aufgrund des Abkommens für die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) entwickelten Bestimmungen zurückgegriffen werden, die als fachlich anerkannte Standards herangezogen werden können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014).

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hat sich diesbezüglich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich eine tatsächlich zu erwartende Störung der Funktionsfähigkeit einer VOR nicht schon aus einer Unterschreitung des in den ICAO-Dokumenten empfohlenen „Schutzbereiches“ von 15 km um die betroffene Funknavigationsanlage ergibt. Vielmehr bedarf es innerhalb eines 15 km-Radius einer Funknavigationsanlage einer genaueren Prüfung der Verhältnisse des Einzelfalles (vgl. VG Hannover, Urteil vom 22.09.2011 – 4 A 1052/10; VG Oldenburg, Beschluss vom 05.02,2014). Das VG Düsseldorf hat nunmehr in der zitierten Entscheidung die Auffassung eingenommen, dem BAF stehe bei der Entscheidung nach § 18 a Abs. 1 S. 2 LuftVG,  ob eine nachteilige, nicht hinnehmbare Beeinflussung einer Flugsicherungseinrichtung zu erwarten ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Eine auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung sei gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob eine wissenschaftlich vertretbare Methode gewählt und einwandfrei angewendet wurde, ob das BAF von einem zutreffenden Sachverhalt ausging, die Entscheidung hinreichend begründet wurde, ein angemessenes Verhältnis der Ungewissheit über die künftige Entwicklung zu den mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffen besteht und keine offensichtliche Fehleinschätzung vorliegt. Entsprechend müsse – so das VG Düsseldorf – die Auswahl der anzuwendenden Methode zur Beurteilung einer Störung einer VOR-Anlage lediglich wissenschaftlich vertretbar sein (VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014). Angesichts der aktuell entbrannten Diskussion über die seitens der DFS angewandte Methodik zur Beurteilung einer Störung von VOR-Anlagen, bleibt abzuwarten, ob sich diese Auffassung des VG Düsseldorf bezüglich eines zu Gunsten des BAF bestehenden Beurteilungsspielraumes durchsetzt.

 

Ansprechpartner:

Dr. Felix PauliDr. Felix Pauli
Fachanwalt für Verwaltungsrecht 

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