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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 07.01.2014 (X ZB 15/13) entschieden, dass Nebenangebote weder zugelassen noch gewertet werden dürfen, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium im Vergabeverfahren darstellt. Damit ist eine der in Vergaberechtskreisen umstrittensten Fragen der letzten Jahre - mit richtigem Ergebnis aber durchaus überraschender Begründung - endlich entschieden.

Die Entscheidung des BGH liegt im Ergebnis auf der Linie des OLG Düsseldorf (zuletzt Beschluss vom 02.11.2011 - Verg 22/11), welches seit jeher unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Art. 24 Abs. 1 der Vergaberichtlinie 2004/18/EG die Auffassung vertritt, dass die Zulassung von Varianten (bzw. Nebenangeboten) nur zulässig sei, wenn der Zuschlag gerade nicht allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises erteilt werde. Neue Fahrt hate das OLG Schleswig (Beschluss vom 15.04.2011 - 1 Verg 10/10) in die Diskussion gebracht, als es sich gegen die herrschende Meinung dafür stark machte, dass Nebenangebote eben auch dann Berücksichtigung finden dürften, wenn keine weiteren Wertungskriterien vorgegeben würden. Die Argumente des OLG Düsseldorf seien hier nicht stichhaltig, der Wortlaut der Vergaberichtlinie sei anders auszulegen.

Das OLG Jena (Beschluss vom 16.09.2013 - 9 Verg 3/13) hatte nun genug von der  – auch in anderen Fällen immer wieder zu beobachtenden – „Fehde“ zwischen Düsseldorf und Schleswig und legte die Frage dem BGH zur Entscheidung vor. Dieser sollte an sich schon einmal über die vorliegende Rechtsfrage entscheiden (Az. X ZB 8/11), was jedoch an einer Erledigung in der Hauptsache scheiterte. In seiner Kostenentscheidung hatte der BGH damals noch angedeutet, die Sichtweise des OLG Düsseldorf kritisch zu beurteilen und die Sache ggf. dem EuGH vorlegen zu wollen.

Der Beschluss des BGH vom 07.01.2014 (X ZB 15/13) zeigt nun, dass auch Bundesrichter – zumindest bzgl. des Ergebnisses – nicht sklavisch an einer einmal geäußerten Auffassung festhalten müssen. Der BGH beschreitet dabei allerdings einen eleganten Weg, der weder dem seinerzeit kritisierten OLG Düsseldorf inhaltlich recht gibt, noch eine Vorlage an den EuGH tatsächlich erforderlich macht:

Der 10. Senat legt in seiner grundlegenden Entscheidung dar, dass in der streitgegenständlichen Situation nicht auszuschließen sei, dass ein Nebenangebot zwar den (zwingend zu definierenden) Mindestanforderungen genüge und auch geringfügig billiger sei als das günstigste Hauptangebot, allerdings doch weit hinter dessen Qualität zurückbleibe. Obwohl das Nebenangebot bei wirtschaftlicher Betrachtung damit gerade nicht das günstigste Angebot darstelle, müsse es theoretisch den Zuschlag erhalten, wenn der Preis alleiniges Zuschlagskriterium sei. Eine solche Wertungspraxis sei unvereinbar mit dem Wettbewerbsprinzip und dem Gebot, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Damit kam es nach dem BGH überhaupt nicht mehr auf die Auslegung des Wortlauts der Vergaberichtlinie an, eine Vorlage an den EuGH erübrigte sich.

Praxishinweis:

Nebenangebote können hoch interessant sein, wenn im Rahmen einer Beschaffung gegenüber dem „Amtsvorschlag“ mögliches Innovations- oder Optimierungspotential im Raume steht. Schwierigkeiten bei der rechtssicheren Umsetzung bereitet aber oftmals schon die Formulierung von zwingend notwendigen Mindestanforderungen an die Nebenangebote. Der BGH stellt nun zwar weitere durchaus strenge Anforderungen an die öffentliche Hand, gibt aber gleichwohl erstmals klar vor, wie ein rechtssicherer Umgang mit Nebenangeboten künftig gestaltet werden kann. Öffentliche Auftraggeber sollten die Entscheidung des BGH daher nicht als Einschränkung, sondern als Chance verstehen!

Ansprechpartner:

Martin HahnMartin Hahn
Rechtsanwalt

Telefon: 0221-973002-61
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