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Im Bereich des Grundstücks- und Immobilienvergaberechts sind alle Beteiligten stets auf der Suche nach innovativen und mehr oder minder rechtssicheren Vertragsgestaltungen, um das Vergaberecht nicht anwenden zu müssen. Das kann verschiedene Gründe haben, die je nach Einzelfall auch tatsächlich dazu führen, dass vergaberechtliche Vorschriften nicht greifen.

Eine seit Jahren als eindeutig vergabepflichtig erkannte Vertragsgestaltung wird allerdings in der Praxis oftmals noch immer munter ohne jegliches Vergabeverfahren betrieben. Gemeint sind Mietverträge über Gebäude, welche nach den spezifischen Erfordernissen der öffentlichen Hand errichtet werden. Mit diesen Vorgängen werden massive Risiken eingegangen, da die mangelnde Ausschreibung zur Nichtigkeit des Mietvertrags führen kann. Seit der Entscheidung zu den Kölner Messehallen (EuGH, Urteil vom 29.10.2009 - Rs. C-536/07) steht fest, dass die bloße Bezeichnung als „Mietvertrag“ nicht verhindert, dass der entsprechende Vertrag bzgl. der Anmietung eines nach den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers noch zu errichtenden Gebäudes einen Bauauftrag darstellt.

Dies bestätigt der EuGH mit einem aktuellen Urteil vom 10.07.2014 - Rs. C-213/13 – „Pizzarotti“. Das eigtlich Interessante an der jüngsten Entscheidung sind die Ausführungen des EuGH zur Frage, wann die Errichtung des geplanten Gebäudes – was für die Annahme eines Bauauftrags ebenfalls notwendig ist – den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen genügt. Dies ist prinzipiell zu bejahen, wenn Maßnahmen ergriffen werden, um die Merkmale der Bauleistung festzulegen oder zumindest entscheidenden Einfluss auf die Planung zu nehmen (EuGH, Urteil vom 25.03.2010 - Rs. C-451/08 – „Helmut Müller“). Was aber ist ein „entscheidender Einfluss“? Der EuGH geht hiervon nun aus, wenn in einem sog. Anforderungsrahmen zum Mietvertrag die technischen Merkmale des Gebäudes (Zahl der Büros und Sitzungssäle, Flächen, Parkplätze) festgelegt werden und dem Auftraggeber ein Prüfungsrecht vor Abnahme eingeräumt wird. Zumindest Ersteres wird regelmäßig Vertragsbestandteil, wenn die öffentliche Hand ein noch zu errichtendes Gebäude anmieten möchte.

Praxishinweis: Mietverträge über noch zu errichtende Gebäude derart gestalten zu wollen, dass vermeintlich keine entscheidende Einflussnahme des späteren Mieters bzgl. der Gestaltung vorliegen soll, ist in Teilen praxisfern und birgt zudem ein enormes Risiko. Für den Auftraggeber gilt: Entweder man kauft die „Katze im Sack“, was politisch und haushaltsrechtlich kaum möglich sein wird und darüber hinaus stark nach Umgehung aussieht. Oder man regelt – wie dies üblich ist – die wesentliche Gestaltung des Mietobjekts, was in dem meisten Fällen eine Ausschreibungspflicht mit sich bringt. Für Auftragnehmer gilt hingegen: Verstöße gegen das Vergaberecht können sich sehr nachteilig auf die Vermarktung der Immobilie auswirken, da die geschlossenen Mietverträge mit dem attraktiven Mieter „öffentliche Hand“ angreifbar sind.

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Martin HahnMartin Hahn Rechtsanwalt

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