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Vorlageverfahren EuGH (C-451/08) Seit der so genannten Ahlhorn-Rechtsprechung des OLG Düsseldorf besteht im Bereich der Grundstücksgeschäfte der öffentlichen Hand erhebliche Unsicherheit darüber, in welchen Fällen ggf. das Europäische Vergaberecht Anwendung findet. Die sehr weitgehende Rechtsprechung des OLG Düsseldorf geht in der Tendenz dahin, dass Grundstücksveräußerungen eines öffentlichen Auftraggebers schon dann vergaberechtlich relevant sein können, wenn der öffentliche Auftraggeber im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung städtebauliche Ziele oder sonstige öffentliche Interessen verfolgt. So können nach Auffassung des OLG Düsseldorf Vorgaben und Abstimmungen zur Bebauung von Grundstücken selbst dann ins Vergaberecht führen, wenn insoweit keine zwingenden vertraglichen Vereinbarungen geschlossen worden sind.
Die sehr weitreichende und kaum eingrenzbare Rechtsprechung des OLG Düsseldorf hat in erheblichem Umfang Kritik erfahren. Veranlasst durch die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf hat der Gesetzgeber eine Änderung und Ergän-zung von Vorschriften im GWB vorgenommen, mit dem Ziel, die sehr weitgrei-fende Rechtsprechung des OLG Düsseldorf einzugrenzen. Gleichwohl ist die derzeitige Rechtslage unklar. Sie wird einerseits von den neuen Regelungen im GWB gekennzeichnet, die auf eine restriktive Anwendung des Europäischen Vergaberechts abzielen und andererseits von der Rechtsprechung des OLG Düs-seldorf, die eine sehr umfassende Anwendung des Vergaberechts bei Grund-stücksveräußerungen der öffentlichen Hand sieht und bereits Zweifel an der Vereinbarkeit der Neuregelungen des GWB mit dem Europäischen Vergaberecht zum Ausdruck gebracht hat.
Klärung der hier anstehenden Rechtsfragen wird von einem Vorlageverfahren erwartet, das derzeit auf Veranlassung des OLG Düsseldorf beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist (Rs. C-451/08). In diesem Vorlageverfahren hat der Generalanwalt beim EuGH nun am 17.11.2009 seine Schlussanträge ver-öffentlicht. Aus den Schlussanträgen des Generalanwaltes wird deutlich, dass dieser die sehr weitgehende Auffassung des OLG Düsseldorf nicht teilt. Im Ergebnis dürften die Schlussanträge des Generalanwaltes auf der Linie der vom Gesetzgeber angebrachten Änderungen des GWB, insbesondere des § 99 GWB liegen. Die Auffassung des Generalanwaltes bewertet diese Neuregelungen des deutschen Gesetzgebers als europarechtskonform und erteilt damit der sich weit in städtebauliche Tätigkeiten einmischenden Ahlhorn-Rechtsprechung eine Absage. Der Generalanwalt schlägt dem Europäischen Gerichtshof mit seinen Schlussanträgen im anhängigen Verfahren folgende Antworten vor:
- Das Vorliegen eines öffentlichen Bauauftrags oder einer öffentlichen Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG setzt eine unmit-telbare Verbindung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den zu realisierenden Arbeiten oder Werken voraus. Diese unmittelbare Verbindung kann insbesondere darin bestehen, dass das Bauwerk von der öffentlichen Verwaltung erworben werden soll oder ihr unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt, oder aber darin, dass die Initiative für die Realisierung beim öffentlichen Auftraggeber liegt oder dieser zumindest teilweise deren Kosten trägt.
- Die Begriffe des öffentlichen Bauauftrags und der öffentlichen Bau-konzession im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG setzen eine vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers gegenüber der öffentlichen Verwaltung zur Erbringung der vereinbarten Leistung voraus. Die Folgen einer etwaigen Nichterfüllung von Seiten des Auftragnehmers richten sich nach dem nationalen Recht.
- Mit einer öffentlichen Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG kann nie vorgesehen werden, dass dem Konzessionär ein unbefristetes Recht an der Sache, die Gegenstand der Konzession ist, eingeräumt wird.
- Wenn es klare Hinweise darauf gibt, dass die Gemeinschaftsvor-schriften über öffentliche Aufträge und Konzessionen umgangen werden sollten, können bei der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts die beiden - auch in zeitlicher Hinsicht - förmlich voneinan-der getrennten Handlungen der Veräußerung eines Grundstücks und der Vergabe eines Auftrags oder einer Konzession für dieses Grund-stück als eine einzige Rechtshandlung angesehen werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, auf der Grundlage aller Fallumstände zu prüfen, ob eine solche Umgehungsabsicht vorliegt.
Die Auffassung des Generalanwaltes ist aus unserer Sicht zu begrüßen, denn sie erkennt zutreffend, dass die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung gerade im städtebaulichen Bereich nicht mit den Mitteln des Vergaberechts reglementiert werden kann. Der Anwendungsbereich des Vergaberechts wird richtigerweise auf die Aufträge und Konzessionen zur Erfüllung unmittelbarer Eigen(beschaffungs)interessen des öffentlichen Auftraggebers beschränkt. Es bleibt nun abzuwarten, ob der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwaltes folgt. Dies ist in der Vergangenheit nicht immer aber durchaus häufig der Fall gewesen. Abschließende Klarheit wird es voraussichtlich im ersten oder zweiten Quartal des kommenden Jahres geben, wenn die endgültige Entscheidung des EuGH vorliegt.

Thomas Elsner
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Rainer Schmitz
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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