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Zum Urteil vom 20.09.2011

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Gewinnung und zum Vertrieb von Sand- und Kies. Der beklagte Kreis erteilte einen Planfeststellungsbeschluss für die Gewinnung von Sand und Kies in einem Bereich, in dem der Regionalplan das Ziel formuliert, dass in den zeichnerisch dargestellten Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nicht energetischer Bodenschätze (BASB) deren Abbau zu gewährleisten ist; die Inanspruchnahme der Bereiche für andere Zwecke ist auszuschließen. Sieben Jahre später trug die beklagte Denkmalbehörde das Bodendenkmal in die Denkmalliste ein.

In seinem Urteil vom 20.09.2011 stellt das OVG NRW klar, dass im Rahmen des denkmalrechtlichen Eintragungsverfahrens kein Raum für eine Berücksichtigung widerstreitender öffentlicher Interessen sei, die sich aus anderen Rechtsvorschriften bzw. ihrer Umsetzung – etwa in Form regional– oder fachplanerischer Zielfestlegungen – ergeben könnte. Das Vorhandensein eines öffentlichen Interesses an der Beseitigung des archäologischen Fundes schließe das öffentliche Interesse an seiner Erhaltung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes nicht aus. Das denkmalrechtliche Erhaltungsinteresse sei vielmehr von dem Beseitigungsinteresse unabhängig allein nach den denkmalrechtlichen Kriterien zu bewerten. Der Regionalplan sehe ferner keinen absoluten, der Eintragung eines im Abgrabungsgebiet gelegenen Bodendenkmals in die Denkmalliste entgegenstehenden Vorrang der Rohstoffgewinnung nicht vor. Zu den Zielsetzungen des Regionalplans gehöre ebenfalls der Schutz von Bodendenkmälern.

Von Interesse ist ferner, dass auch der bereits ergangene Planfeststellungsbeschluss an diesem Ergebnis nichts ändert. Der Beschluss enthalte nämlich keine negative Feststellung dahingehend, dass in dem Gebiet keine Bodendenkmäler existierten. Den Denkmalbehörden obliege nicht die gezielte Suche nach Bodendenkmälern mit der Folge, dass bestimmte Gebiete von ihnen als „denkmalfrei“ erklärt werden könnten.

Im Rahmen eines denkmalrechtlichen Erlaubnisantrages zur Beseitigung des Bodendenkmals kann ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rohstoffgewinnung festzustellen sein, ein solches Ergebnis sei jedoch nicht zwingend. In die vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse einer Rohstoffgewinnung und den Belangen des Denkmalschutzes seien die Bedeutung des Denkmals für das kulturelle Erbe und die Bedeutung seines Verbleibs an seinem Fundort einzustellen und angemessen zu gewichten. Diese Abwägung könne je nach Bedeutung des Bodendenkmals auch die Notwendigkeit seines Verbleibs an Ort und Stelle ergeben, mit der Folge, dass eine Beseitigungserlaubnis nicht erteilt werden kann.

Für den Abbau von Sand und Kies dürfte das Urteil des OVG Münster erhebliche praktische Bedeutung haben. Häufig kommt es hier zum Konflikt zwischen Bodendenkmalpflege einerseits und Kiesabbau andererseits. Das Urteil stärkt hier die Rechte des Denkmalschutzes auch mit Blick auf den Regionalplan und zuvor ergangene Planfeststellungsentscheidungen. Dieses Urteil ist jedoch auch im Zusammenhang mit einem weiteren Urteil vom gleichen Tage zu sehen, wonach es dem Landschaftsverband obliegt, die Kosten für die Dokumentation und Bergung von eingetragenen Bodendenkmälern als Sekundärquelle zu übernehmen.

 

Dr. Alexander Beutling
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

 

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