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Bemerkung zu den Entscheidungen des OVG Münster vom 09.06.2011

 

Mit zwei Entscheidungen vom 09.06.2011 (Az.: 19 B 478/11 und 19 B 479/11) hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Genehmigung der Gemeinschaftsschule Finnentrop als "offensichtlich rechtswidrig" bewertet und die Errichtung dieser Gemeinschaftsschule im Eilverfahren gestoppt. In den Entscheidungsgründen hat das Oberverwaltungsgericht tragend darauf abgestellt, dass es sich bei dem Modellprojekt der Landesregierung NRW nicht um einen Schulversuch handele (sondern um die Einführung einer neuen Schulform), was nicht auf die Schulversuchsklausel des § 25 SchulG NRW gestützt werden könne.

 

Mit dieser Begründung hat das Oberverwaltungsgericht indes nicht nur der Gemeinschaftsschule Finnentrop die rechtliche Grundlage entzogen. Die dortigen Ausführungen gelten für alle anderen genehmigten Gemeinschaftsschulen in gleichem Maße. Auch deren Genehmigungen sind - da sie auf dieselbe Schulversuchsklausel gestützt sind - ebenfalls "offensichtlich rechtswidrig" und greifen demzufolge ohne hinreichende Rechtsgrundlage in die Rechte der aufzulösenden Haupt- und Realschulen, der betroffenen Schüler und der benachbarten Schulträger ein.

 

Die Schulministerin hat jüngst bekundet, dass die verbliebenen zwölf genehmigten Gemeinschaftsschulen trotz "Zweifeln" an einer hinreichenden Rechtsgrundlage zum Beginn des kommenden Schuljahres an den Start gehen sollen, da "die zugrunde liegenden Genehmigungen bestandskräftig geworden" seien. Diese zwölf Gemeinschaftsschulen gehen mithin nur deshalb zu Beginn des kommenden Schuljahres an den Start, weil sich schlicht niemand gegen die offensichtlich rechtswidrigen Genehmigungen dieser Schulen im Klagewege zur Wehr gesetzt hat.

 

Dieses Ergebnis ist untragbar: Die Schulministerin – nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden – beabsichtigt demnach sehenden Auges den Vollzug offensichtlich rechtswidriger Genehmigungen. Dabei handelt es sich um Genehmigungen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch rückabwickelbar wären (wie die zurückgenommenen Genehmigungen der Gemeinschaftsschulen Finnentrop und Blankenheim/Nettersheim zeigen) und erst zukünftig – nämlich mit Beginn des kommenden Schuljahres – ihre belastende Wirkung für die o.g. Schulen, Schüler und Nachbarschulträger entfalten. Dies verdeutlicht, dass es den Entscheidungsträgern nicht um rechtskonformes, sondern maßgeblich um politisch motiviertes Handeln geht.

 

Es erscheint nicht ausgeschlossen, die Errichtung der zwölf genehmigten Gemeinschaftsschulen in NRW durch einstweilige gerichtliche Anordnungen zu verhindern. Doch auch hier gilt der Grundsatz: Wo kein Kläger, da kein Richter.

 

Dr. Klaus Schmiemann Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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