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Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 27.09.2011

Im Rahmen von Grundstücksgeschäften der öffentlichen Hand rückt das Zusammenspiel von Vergaberecht und Beihilferecht immer mehr in den Blickpunkt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte hier zunächst wegweisend geurteilt, dass im Rahmen eines Grundstücksverkaufs eine „finanzielle Beteiligung“ an dem dort zu errichtenden Bauwerk ein wirtschaftliches Interesse der öffentlichen Hand und damit - neben einer Beihilfegewährung - einen öffentlichen Bauauftrag nach sich ziehen kann (EuGH, Urteil vom 25.03.2010 – Rs. C-451/08, „Wildeshausen“).

Das OLG Düsseldorf befand in diesem Kontext in Anschluss an den Generalanwalt Mengozzi wiederum, dass eine solche finanzielle Beteiligung auch in einem Verkauf eines Grundstücks unter Marktwert gesehen werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2010, VII Verg 9/10 – „Haan“).

Andererseits kann der Beweggrund für eine Entscheidung zur Abgabe unter Marktwert vielerlei und v.a. nicht zwangsläufig unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein. Das OLG München (Beschluss vom 27.09.2011 - Verg 15/11) geht nun im Rahmen eines Unterwertverkaufs von einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse richtigerweise nur dann aus, wenn die öffentliche Hand dem Erwerber mit dem Verkauf unter Marktpreis eine „weitere Verpflichtung“ auferlegt,

  • die ihr „einen Zugriff auf das Bauwerk oder dessen Entstehung ermöglicht“ oder
  • durch die sie von einer sie „selbst unmittelbar treffenden Aufgabe entlastet wird“.

Da im Falle des geförderten Wohnungsbaus keine der genannten Voraussetzungen vorliegen, begründet ein Unterwertverkauf nach Ansicht des OLG München in diesem Fall kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse und damit keine Ausschreibungspflicht.

Vor dem Hintergrund, dass der EuGH gerade rein städtebauliche Interessen aus dem Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ausnehmen möchte und lediglich unmittelbar wirtschaftliche Interessen als vergaberechtlich relevant einstuft, stellt diese Entscheidung auch keinen Widerspruch zu der Entscheidung des EuGH (a.a.O.) oder des OLG Düsseldorf (a.a.O.) dar, sondern vielmehr eine konkretisierende, sachgerechte Fortschreibung. Damit nimmt die eher schemenhafte Rechtsprechung des EuGH zur Frage, wann ein Grundstücksgeschäft nach wie vor einen öffentlichen Auftrag darstellen kann, weiter Konturen an.

 

Martin Hahn
Rechtsanwalt

 

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