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Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 11.10.2007 eine wegweisende Entscheidung zu dem am 20.7.2004 in Kraft getretenen Abs. 3 des § 34 BauGB getroffen, dessen Ziel es ist zu verhindern, dass von Einzelhandelsvorhaben, die im unbeplanten Innenbereich zugelassen werden, schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche innerhalb und außerhalb der Gemeinde zu erwarten sind. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 11.10.2007 eine wegweisende Entscheidung zu dem am 20.7.2004 in Kraft getretenen Abs. 3 des § 34 BauGB getroffen, dessen Ziel es ist zu verhindern, dass von Einzelhandelsvorhaben, die im unbeplanten Innenbereich zugelassen werden, schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche innerhalb und außerhalb der Gemeinde zu erwarten sind.

Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Bauantrag für einen Elektrofachmarkt mit 2.260 m² Verkaufsfläche etwa 1 km vom Stadtzentrum der Stadt Witten entfernt, in dem sich bereits ein Elektrofachmarkt mit 3.000 m² Verkaufsfläche und weitere kleinere Elektrofachgeschäfte befinden.

Das OVG Münster (Urteil vom 11.12.2006, Az.: 7 A 964/05) hatte in der Vorinstanz festgestellt, die Genehmigung scheitere deshalb an § 34 Abs. 3 BauGB, weil das Verhältnis der Verkaufsflächen des neu hinzukommenden Vorhabens außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs zu den Verkaufsflächen von Vorhaben der gleichen Branche innerhalb des zentralen Versorgungsbereichs überproportional groß sei. Auf Gutachten, die die Umsatzumlenkung prognostizierten, komme es nicht an.

Dieser Ansicht hat das BVerwG eine Absage erteilt: Bei der Frage, ob von einem Vorhaben schädliche Auswirkungen ausgingen, sei auf eine Reihe von Faktoren abzustellen, zu denen u.a. die Größe der Verkaufsfläche des neuen und die bestehender Vorhaben in der gleichen Branche zählten, der Abstand des Vorhabens zum zentralen Versorgungsbereich, vor allem auch die konkrete städtebauliche Situation, insbesondere der Zustand des zu schützenden zentralen Versorgungsbereichs. Einer der Maßstäbe für die Beurteilung könne dabei auch die durch Gutachten zu ermittelnden prognostischen Auswirkungen in Form von Kaufkraftumlenkungen sein.

Das BVerwG hat deutlich gemacht, dass es keinen allgemein gültigen Maßstab geben könne, es vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall ankomme.

Das Gericht deutete in der mündlichen Verhandlung am 11.10.2007 in Leipzig an, dass die sog. „Krabbenkamp-Formel“ einen generell-abstrakten Maßstab für die Frage, wann mit schädlichen Auswirkungen zu rechnen ist, liefern könnte. Das BVerwG hat in seinem Urteil v. 8.9.1972 (BVerwGE 40, 323) entschieden, dass ein (interkommunaler) Abstimmungsbedarf (erst) dann bestehe, wenn das Vorhaben zu unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art führen kann. Mit diesem Ansatz nähert sich das BVerwG einem Verständnis an, wie es auch der sog. „FOC-Zweibrücken“- Entscheidung zu Grunde lag: Ein Vorhaben ist unzulässig, wenn es wegen gewichtiger (schädlicher) Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ein Planungsbedürfnis begründet, nicht aber bereits dann, wenn –wie beim interkommunalen Abstimmungsgebot- ein Abstimmungsbedarf besteht.

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei nicht großflächigen Vorhaben die Schädigungsschwelle nur schwer erreicht werden dürfte, dies aber nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Insbesondere bei großflächigen Vorhaben ist im unbeplanten Innenbereich eine umfassende Wertung anzustellen und die konkrete städtebauliche Situation zu erfassen. Gutachten werden sich neben der reinen Umsatzumlenkungsprognose verstärkt mit der Frage der konkreten städtebaulichen Situation im zentralen Versorgungsbereich befassen müssen. Die Vorbereitung entsprechender Anträge durch Vorhabenträger wird sehr sorgfältig erfolgen müssen. Für Gemeinden und Genehmigungsbehörden bleiben erhebliche Unsicherheiten, die durch die umfassende Erfassung der städtebaulichen Situation aufgefangen werden müssen.


Dr. Thomas Lüttgau
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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