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Neufassung des § 99 Abs. 3 und Abs. 6 GWB Am 24.04.2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in Kraft getreten.
Mit dem Gesetz wird § 99 Abs. 3 und Abs. 6 GWB neu gefasst bzw. ergänzt und eine erweiterte Definitionen für Bauaufträge und Baukonzessionen geschaffen. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel einer Klarstellung der jeweiligen Tatbestände. Eine Baukonzession ist danach ein Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrags, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht (§ 99 Abs. 6 GWB neu). Ein Bauauftrag ist nach der Definition des Gesetzgebers ein Vertrag über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen (§ 99 Abs. 3 GWB neu). Mit der Neufassung des § 99 Abs. 3 GWB – Definition des Bauauftrages – sollen nach der Zielsetzung der Bundesregierung rechtliche Unklarheiten beseitigt werden, vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts, BR-Drs. 349/08 vom 23.05.2008 und BT-Drs. 16/10117 vom 13.08.2008: „Hierfür soll der einem Bauauftrag immanente Beschaffungscharakter durch eine Textergänzung deutlicher hervorgehoben werden. Die Ergänzung sagt, dass die Bauleistung dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen muss. Denn ein Bauauftrag setzt einen eigenen Beschaffungsbedarf des Auftraggebers voraus, wobei allein die Verwirklichung einer von dem Planungsträger angestrebten städtebaulichen Entwicklung nicht als einzukaufende Leistung ausreicht. Vergaberecht betrifft prinzipiell – außer im Falle einer besonderen Beschaffungsbehörde – nicht die Aufgabenebene einer staatlichen Institution, sondern lediglich die Ebene der Ressourcenbeschaffung zur Bewältigung der Aufgaben der Institution. Beide Ebenen dürfen nicht miteinander verwechselt oder verquickt werden.“ Ähnliches soll nach § 99 Abs. 6 GWB neu für die Baukonzession gelten, vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines
Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts, BT-Drs. 16/10117 vom 13.08.2008: „Neben dem Bauauftragsbegriff stellt auch der „weite Baukonzessionsbegriff“ eine wichtige Grundlage der Entscheidungen des OLG Düsseldorf dar. Nach dessen Auslegung soll auch die Veräußerung vom Baukonzessionsbegriff mit umfasst sein. Wesenstypisch für das Institut der Baukonzession ist aber die Übertragung eines Rechts, das dem Konzessionsgeber zusteht, für einen bestimmten Zeitraum. Es handelt sich um ein Vertragsverhältnis, in dessen Verlauf der Konzessionsnehmer von seinem Nutzungsrecht Gebrauch macht. Die Veräußerung gehört damit nicht zur Rechtsfigur der Konzession.“ Die beiden vorstehend beschriebenen Ansätze des Gesetzgebers würden – sieht man das Gesetz als wirksam an – der bisherigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf wesentliche Grundlagen entziehen und damit eine Vielzahl von Grundstücksgeschäften der öffentlichen Hand, die das OLG Düsseldorf bisher als vergaberechtlich relevant angesehen hat, wieder einem vergaberechtsfreien Raum zuordnen. Während die Klarstellungen des Gesetzgebers von öffentlichen Auftraggebern ganz überwiegend begrüßt werden, dürfte das OLG Düsseldorf diesen Ansätzen wohl ablehnend gegenüberstehen. Damit besteht derzeit eine Divergenz zwischen der bisherigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und dem Willen des Gesetzgebers. Die rechtliche Bewertung von Grundstücksveräußerungen durch öffentliche Auftraggeber bleibt also nach wie vor mit Unsicherheiten verhaftet. Eine abschließende Klärung dieser Unsicherheiten wird wohl erst die Entscheidung des EuGH auf den Vorlagebeschluss des OLG Düsseldorf vom 02.10.2008 (Verg 25/08) bringen. Je nachdem wie der EuGH die vom OLG Düsseldorf formulierten Vorlagefragen beantwortet, wird sich entscheiden, ob in Zukunft die vom OLG Düsseldorf verfolgte Linie einer außerordentlich weitgreifenden Anwendung des Vergaberechts bei Veräußerung von Grundstücken öffentlicher Auftraggeber Bestand hat oder ob die Klarstellungen des Gesetzgebers zu Recht erfolgt sind und die in dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts zum Ausdruck kommenden Wertungen mit dem europäischen Vergaberecht vereinbar sind. Solange diese Klärung durch den EuGH aussteht, muss in kritischen Fällen wohl eher zur Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens geraten werden, wenn man Unsicherheiten späterer Nachprüfungsverfahren ausschließen will. Entscheidet sich ein öffentlicher Auftraggeber allerdings gegen ein europaweites Vergabeverfahren bei der Veräußerung von Grundstücken, kommt der Neuregelung in § 101 b GWB erhebliche Bedeutung zu. Damit hat es folgende Bewandtnis:
Nach § 101 b GWB sollen Verträge unwirksam sein, wenn sie ohne Vergabeverfahren direkt geschlossen worden sind, obwohl nach den einschlägigen Vorschriften ein Vergabeverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die sich aus dieser Vorschrift beispielsweise ergebende Unwirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages würde zunächst dazu führen, dass alle in diesem Zusammenhang ausgetauschten Leistungen nach Bereicherungsrecht rückabgewickelt werden müssen. Die damit verbundenen Unsicherheiten werden nun durch § 101 b Abs. 2 GWB in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt. Nach § 101 b Abs. 2 GWB kann die etwaige Unwirksamkeit eines Vertrages nur befristet geltend gemacht werden. Das Gesetz sieht hier eine zeitliche Staffelung vor. Ein Nachprüfungsverfahren kann durch Dritte nur innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis eines entsprechenden Vergabeverstoßes eingeleitet werden. Sind seit Vertragsschluss sechs Monate vergangen, ist die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ohne Rücksicht auf entsprechende Kenntnis in jedem Fall ausgeschlossen. Wird der Vertragsschluss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlich, kann die Unwirksamkeit des Vertrages nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach dieser Veröffentlichung geltend gemacht werden. Gemäß § 101 b Abs. 2 GWB scheinen also die Risiken, die sich bei Annahme eines Vergaberechtsverstoßes ergeben, zeitlich eingegrenzt und damit kalkulierbar zu sein. Bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage durch die derzeit noch ausstehende Entscheidung des EuGH, sollten sich öffentliche Auftraggeber und Grundstückskäufer an den Präklusionsvorschriften des § 101 b GWB orientieren. In allen Fällen, bei denen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen möglicherweise Unsicherheiten bestehen, empfiehlt es sich die oben genannten Fristen abzuwarten, bevor weitergehende und umfangreiche Investitionen oder Arbeiten auf einem Grundstück getätigt werden.
Thomas Elsner
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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