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Oberverwaltungsgericht entscheidet zu Nassabgrabung

Mit Urteil vom 30.04.2010 – 20 A 3379/07 hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit den unterschiedlichen Lärmschutzanforderungen im Rahmen eines wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens einerseits und eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens andererseits auseinandergesetzt. Anders als im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens löst die Erfüllung der Anforderungen der TA-Lärm keinen strikten Rechtsanspruch auf Zulassung eines planfeststellungsbedürftigen Vorhabens aus.

Die Klägerin betreibt ein Kalkwerk. Das Kalkwerk umfasst Steinbrüche zur Gewinnung von Kalkstein, Anlagen zu dessen Verarbeitung zu gebrannten und ungebrannten Produkten sowie sonstige Anlagen. Nach Erschöpfung bislang genutzter Abgrabungsflächen beantragte die Betreiberin des Kalkwerks die Erweiterung des bisher von ihr betriebenen Steinbruchs sowie den Neuaufschluss eines weiteren Steinbruchs. Der Neuaufschluss sollte bis auf etwa 600 m an eine Wohnsiedlung heranreichen. Die Betreiberin beantragte für die Abgrabung des Kalksteins bis zum Jahr 2048 im Tagebaubetrieb bis unterhalb des natürlichen Grundwasserstandes die Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 31 Abs. 2 WHG a. F. Als Nebenbestimmung enthält der Planfeststellungsbeschluss die Regelung, dass Sprengungen sowie die Arbeiten der Knäpper, Zerkleinerung und Zehenbeseitigung, an Samstagen nicht zulässig sind.

Gegen diese Nebenbestimmung wenden sich die Vorhabenträger mit ihrer erstinstanzlich beim VG Düsseldorf anhängigen Klage (4 K 5550/05). Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen hat, legte der Vorhabenträger Berufung ein. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich zunächst mit der sogenannten Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses befasst. Die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses bedeutet, dass die Zulässigkeit des Vorhabens durch den Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt wird und andere behördliche Entscheidungen nicht erforderlich sind. Im vorliegenden Fall bedeutete dies insbesondere, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung neben dem Planfeststellungsbeschluss nicht einzuhalten war. Die sich aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Steinbrüche (§ 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i. V. m. Nr. 2.1 Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV) folgenden materiellen Anforderungen an das Vorhaben werden dagegen nicht verdrängt.

Wird eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung isoliert beantragt, so besteht bei Einhaltung der entsprechenden Regelwerke ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung. Anders sieht es aus mit der wasserrechtlichen Planfeststellung. Diese unterliegt der planerischen Abwägung. Das Oberverwaltungsgericht führt hierzu aus, dass sich das Abwägungserfordernis auf alle zu prüfenden zulassungsrelevanten Belange bezieht und nicht allein auf die vom Vorhaben betroffenen spezifisch wasserwirtschaftlichen Belange. Dies hat zur Folge, dass auch die sich aus dem Immissionsschutzrecht ergebenden materiellen Anforderungen der Abwägung unterliegen. Hieraus ergeben sich für die Zulassung einer Nassabgrabung einerseits und der Zulassung einer Trockenabgrabung andererseits erhebliche rechtliche Unterschiede. Während der Vorhabenträger der Trockenabgrabung bei Einhaltung der Regelwerke einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat, kann es dem Vorhabenträger einer Nassabgrabung geschehen, dass trotz Einhaltung beispielsweise der sich aus der TA-Lärm ergebenden Werte die Abwägung zu seinen Ungunsten ausfällt.

In dem vom Oberverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall wurden die maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten. Gleichwohl entschied sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des ihr zustehenden Abwägungsspielraums zu den oben angeführten Nebenbestimmungen. Diese Entscheidung wurde vom Oberverwaltungsgericht für abwägungsfehlerfrei und damit rechtmäßig erachtet.

Die Entscheidung macht für den Vorhabenträger einmal mehr deutlich, dass es im Vorfeld zu bedenken gilt, was zum Gegenstand des Antrags gemacht werden soll. Es kann je nach Fallkonstellation durchaus sinnvoll sein, das Vorhaben so auszugestalten, dass es nicht in Gänze der wasserrechtlichen Planfeststellung unterfällt.

Dr. Inga Schwertner Rechtsanwältin Fachanwältin für Verwaltungsrecht

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